Die beiden Ruhrgebietsstädte Dortmund und Bochum forcieren derzeit die regionale Standortdynamik. Im Städteranking 2020 der WirtschaftsWoche gemeinsam mit dem IW Köln und ImmoScout24 schneiden sie als Exzellenzinseln im Vergleich zu den Vorjahren überdurchschnittlich gut ab.
Aufschwung im Ruhrgebiet
Die Ruhrgebietsstädte landeten in den vergangenen Jahren stets auf den hinteren Rängen beim jährlichen Städtevergleich von ImmoScout24, WirtschaftsWoche und dem IW Köln (Institut der deutschen Wirtschaft). Daran hat sich auch nicht viel geändert, immer noch können sie mit den deutschen Topstandorten nicht ernsthaft konkurrieren. Doch sie holen mächtig auf. Im Dynamikranking 2020, das nicht den absoluten Rang, sondern die Veränderungen im Rang aufzeigt, zeichnet sich nämlich eine erfreuliche und sehr bemerkenswerte Entwicklung ab: Allein Dortmund hat sein Ranking um gleich zehn Plätze verbessert und liegt dadurch inzwischen im oberen Bereich des Dynamikrankings. Die Stadt Bochum zeigt ähnlich hoffnungsvolle Ansätze, auch Oberhausen, Essen, Herne und Duisburg könnten die Trendwende schaffen. Das Dynamikranking wird aus 36 Indikatoren errechnet, deren Veränderung innerhalb von fünf Jahren die Datenbasis liefert. Es lassen sich damit Chancen für diejenigen Städte ermitteln, deren Ausgangslage von vornherein weniger gut war. Im Jahr 2020 fällt hierbei besonders das Ruhrgebiet mit positiven Ergebnissen auf. Erfreulich ist vor allem die Entwicklung des Arbeitsmarktes und der Lebensqualität. Darauf verweist der ImmoScout24-Geschäftsführer Ralf Weitz.
Am dynamischsten im Ruhrgebiet: Dortmund
Im absoluten Niveauranking belegt Dortmund nur Platz 57 unter sämtlichen deutschen Großstädten. Im Dynamikranking ist die Stadt aber auf Platz 16 gelandet. Das liegt in diesem Fall vor allem am lokalen Arbeitsmarkt, der sich hervorragend entwickelt hat. Das belegen diese Zahlen:
- Die Gesamtbeschäftigungsquote verbesserte sich in den letzten fünf Jahren um 5,9 %, wozu vor allem eine deutlich höhere Beschäftigungsrate von Frauen betrug. In diesem Punkt belegt Dortmund sogar Rang 7 unter den deutschen Großstädten.
- Die Arbeitslosenquote von jungen Berufstätigen bis zum 24. Lebensjahr sank um 3,3 % (Rang 2 unter den deutschen Großstädten).
- Die Arbeitslosenquote ab 55 sank um 3,7 % (Rang 10).
Die Stadt hat das mit Programmen zur Wirtschaftsförderung erreicht. Das der Standort ökonomisch immer interessanter wird, zeigt der erhöhte Pendlersaldo, mit dem Dortmund nun unter den Großstädten auf Rang 5 liegt. Darüber hinaus lebt es sich offenkundig heute angenehmer in der Stadt, denn im Bereich „Lebensqualität” ist sie auf Platz 10 vorgerückt. Die Kriminalität sinkt deutlich, hier nimmt die westfälische Stadt den dritten Rang ein. Demnach gingen die Straftaten in Dortmund im betrachteten Fünfjahreszeitraum von 2014 bis 2019 um knapp 31 % zurück. Die Aufklärungsquote von Straftaten verbesserte sich um 8 % (Rang 5). Die KitTa-Quote von Kinder bis drei Jahren stieg (Rang 14). Das ist wichtig, damit junge Familien in eine Stadt ziehen.
Wie haben sich die anderen Städte des Ruhrgebiets entwickelt?
Im betrachteten Dynamikranking nehmen die anderen Städte folgende Plätze ein (+Veränderung zum Vorjahr):
- Bochum: 37 (+8)
- Essen: 50 (+5)
- Oberhausen: 55 (+13)
- Herne: 59 (+8)
- Duisburg: 61 (+9)
Exzellenzinseln Bochum und Dortmund
Exzellenzinseln sind Städte mit besonders viel Forschung. In Dortmund gibt es 30,6 Forschungsinstitute pro eine Million Einwohner, in Bochum sind es 19,1. Beide Städte zählen daher im Ruhrgebiet als Exzellenzinseln. Die Spitzenforschung findet vor allem in den Bereichen IT und Digitalisierung statt. Die Universität Bochum konnte ein Exzellenzcluster für die Cybersicherheit einwerben. Mit der TU Dortmund zusammen entstand mit RESOLV ein Exzellenzcluster Lösungsmittelforschung. Das hat Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt: In Bochum stieg die Beschäftigung im Bereich der wissensintensiven Dienstleistungen sehr stark, hier nimmt die Stadt inzwischen Rang 11 ein.
Relativ niedrige Immobilienpreise im Ruhrgebiet
Interessant für Zuzügler dürfte sein, dass die Immobilienpreise im Ruhrgebiet trotz der positiven Entwicklung bislang noch auf vergleichsweise niedrigem Niveau verharren. So kosteten Mietwohnungen in Dortmund Mitte 2020 im Durchschnitt 7,56 €/m², ähnlich sieht es in Essen und Bochum aus. Die Steigerungen innerhalb der letzten fünf Jahre betragen rund 20 %. In Oberhausen wohnen Mieter für 6,79 €/m², in Herne und Duisburg für 6,55 €/m². Eigentumswohnungen kosten in Essen durchschnittlich 2.073 €/m², in Bochum und Dortmund je 1.993 €/m². Allerdings ist bei den Kaufpreisen ein deutlich kräftigerer Zuwachs als bei den Mieten zu verzeichnen: In Dortmund stiegen sie in fünf Jahren um 48,7 %, in Bochum um 42,9 %. In Herne lässt sich eine Wohnung noch für durchschnittlich 1.586 €/m² kaufen, der Zuwachs lag zwischen 2015 und 2020 bei 35,4 %.
Fazit
Das Ruhrgebiet verfügt einerseits über gute regionale Voraussetzungen, um weiter zu wachsen, andererseits zieht es mit seinem günstig bewerteten Immobilienmarkt Fachkräfte an. Beide Bedingungen schaffen zusammen ein sehr großes Potenzial für einen nachhaltigen wirtschaftlichen Aufschwung. Hinzu kommt eine ausgeprägte Gründerkultur, die sich auf die Universitäten und Forschungseinrichtungen genauso wie auf ausreichend viele Unternehmen als Potenzialkunden stützen kann. Experten sehen daher im Ruhrgebiet eine kommende Boomregion.