Die Sparda-Bankengruppe hat eine neue Studie zum Wohnen in Deutschland im Jahr 2020 veröffentlicht. Herausgearbeitet wurden vor allem die Unterschiede zwischen dem Wohnen in der Stadt und auf dem Land. Die wichtigsten Erkenntnisse lauten zusammengefasst:
- Der Zuzug in die Agglomerationsräume hält weiter an.
- Die Baubedarfe werden immer noch nicht ausreichend gedeckt.
- Der deutsche Immobilienmarkt bleibt bislang trotz der Corona-Pandemie robust.
- Die Preissteigerungen halten damit an und strahlen zunehmend von den Großstädten ins Umland aus.
- Es ist derzeit keine Blase am deutschen Immobilienmarkt zu erkennen.
Fokus der Studie
Die Studie ließ die Sparda-Bankengruppe von eigenen Experten in Kooperation mit Fachleuten des Kölner IW (Institut der deutschen Wirtschaft) und der Beratungstochter IW Consult erstellen. Es gab die beiden Schwerpunkte der Wanderungsbewegungen auf dem deutschen Immobilienmarkt und der Auswirkungen der Corona-Pandemie. Die Kernergebnisse stellten die Sparda-Vorstände Uwe Sterz und Florian Rentsch gemeinsam mit dem IW-Kompetenzleiter Prof. Dr. Michael Voigtländer vor. Zum Thema der Pandemie-Auswirkungen stellte die Studie fest, dass die Tragweite der Corona-Folgen für die Wirtschaft und die Gesellschaft inzwischen eine in der europäischen Nachkriegsgeschichte noch nie gekannte Dimension erreicht habe. Dem steht die Kernerkenntnis der Sparda-Wohnstudie gegenüber, dass sich der Immobilienmarkt in dieser Krise als äußerst robust erweist. Die Autoren prognostizieren, dass sich daran in absehbarer Zukunft auch nichts ändert. Dafür gibt es gute Gründe: Die hohen Preise entsprechen prinzipiell der hohen Nachfrage nach Wohneigentum. Diese wiederum hält sich auf dem gegenwärtigen Niveau gerade deshalb, weil die Zeiten so unsicher sind. Die Studie macht ein Bündel von Motiven bei Immobilienkäufern aus:
- Immobilien waren schon immer sichere Wertanlagen, in Krisenzeiten schätzt man das ganz besonders.
- Der Kapitalmarkt wiederum (Aktien- und Rohstoffanlagen) wirkt gegenwärtig diffus, man vertraut ihm nicht.
- Die Finanzierungskonditionen für Immobilien sind durch das Zinstief extrem günstig.
- Nicht zuletzt möchten die Menschen einfach im eigenen Haus oder der eigenen Wohnung leben.
Der letztgenannte Wunsch wird durch die Pandemie verstärkt: Das Risiko bei Aufenthalten in öffentlichen Räumen lässt sich durch das sogenannte Cocooning („Einspinnen“ in die eigenen vier Wände) verringern. Zudem werden immer mehr öffentliche Begegnungsstätten geschlossen (inklusive der Kneipen während der Lockdowns), auch arbeiten immer mehr Menschen Im Home Office. Dort benötigen sie etwas mehr Platz. Auf diese Gemengelage an Motiven wies anlässlich der Vorstellung der Studie Florian Rentsch hin, seines Zeichens Vorstandsvorsitzender des Verbandes der Sparda-Banken.
Einfluss der Preisentwicklung in Metropolen auf ihr Umland
Die Studie stellt fest, dass sich die Preissteigerungen in den Metropolen auf die Preisentwicklung im direkten Umland auswirken. Das beeinflusst die Entscheidungen von Käufern. Sie wägen schon immer ab, wie sich eine Ansiedlung im Speckgürtel einer Metropole rechnet, wenn Häuser dort günstiger sind, man aber den Fahrtweg zur Arbeit in der Stadt in Kauf nehmen muss. Wenn nun die Preise im Umland allmählich steigen, sinkt die Attraktivität der Immobilien im ländlichen Raum. Wenn es allerdings eine große Differenz zwischen den Preisen in der City und ihrem Umland gibt, erhöht dies das sogenannte Pendlersaldo, so Prof. Dr. Voigtländer. Gegenwärtig ist jedoch überwiegend zu beobachten, dass bei steigenden Kaufpreisen in den Agglomerationsräumen die Preise im Umland proportional nachziehen. Die Preissteigerungen selbst sind exorbitant: In den deutschen Agglomerationsräumen betrugen sie zwischen 2008 und 2020 sagenhafte 74 Prozent. Im ländlichen Umland lag die Preissteigerung im selben Zeitraum bei 66 Prozent. Diese kleine Differenz bei der Steigerungsrate nimmt in letzter Zeit stark ab. Zwischen 2017 und 2020 stiegen die Preise im großstädtischen Umland vieler Metropolen genauso stark wie in der Großstadt selbst. In einigen Regionen übertrafen die Preissteigerungen im Speckgürtel sogar die in der Metropole. Als Beispiele nennt die Studie diese Städte:
Die durchschnittliche Preisdifferenz zwischen inner- und außerstädtischen Immobilienpreisen beträgt allerdings auch 2020 rund 55 Prozent.
Wohnflächen in der City und im Umland
Wohnimmobilien in Innenstadtlagen sind durchschnittlich etwas kleiner. Es handelt sich häufiger um Eigentumswohnungen als um das typische Häuschen mit Garten. In der City werden durchschnittlich 86 m² zum Kauf angeboten, im peripheren ländlichen Raum sind es im Schnitt 120 m². Das macht die Häuser im Umland sehr attraktiv und führt dort zu Preissteigerungen wie beschrieben – und einem erhöhten Pendlersaldo. Schon in der Studie aus 2019 hatten 78 Prozent der Immobilieneigentümer angegeben, dass sie bis zu 30 Kilometer zwischen ihrem Wohn- und dem Arbeitsort in Kauf nehmen, wenn der Wohnort entsprechend attraktiv ist. Die diesjährige Studie hat diese Aussage im Prinzip bestätigt.
Immobilienmarkt und Demografie
Dass Immobilien so stark nachgefragt werden, hat auch schlichte demografische Ursachen. Zwischen 2011 und 2019 wuchs die Bevölkerung Deutschlands um 3,5 Prozent oder 2,8 Millionen Menschen. Ein Viertel dieses Zuwachses siedelt sich in Millionenstädten an. Damit dürften die Preissteigerungen auf dem deutschen Immobilienmarkt anhalten. Die Corona-Pandemie schwächt sie nicht ab, im Gegenteil.