Nicht selten kommt es vor, dass die im Miet- oder Kaufvertrag angegebene Wohnfläche von der tatsächlichen Wohnfläche abweicht. In der Regel fällt dies allerdings erst auf, wenn der Vertrag bereits unterzeichnet wurde und der Mieter bzw. Käufer in die Immobilie eingezogen ist. Da die Quadratmeteranzahl neben der Miete bzw. dem Kaufpreis auch die Nebenkosten und Versicherungen beeinflusst, lohnt es sich immer die Wohnfläche nachzumessen. Anderfalls kann es sein, dass Sie einen Wohnraum bezahlen, der in Wahrheit gar nicht existiert. Mit dem nachfolgenden Artikel möchten wir Ihnen näherbringen, wie Sie die vorhandenen Räume richtig ausmessen und die gesamte Wohnfläche Ihrer Immobilie berechnen können.
Inhaltsverzeichnis
Als Wohnfläche wird die Summe aller Grundflächen definiert, die zu einer Wohnung oder einem Haus gehören und anrechenbar sind. Welche Flächen anrechenbar sind, hängt von der jeweiligen Berechnungsart ab.
In Deutschland gibt es unterschiedliche Methoden, die als Grundlage für die Berechnung der Wohnfläche dienen und in der Praxis ihre Anwendung finden. Das hat zur Folge, dass die Ergebnisse unterschiedlich ausfallen können. Welche Methode Sie bei der Berechnung der Wohnfläche verwenden, ist Ihnen freigestellt. Nur wenn Sie durch das Wohnraumförderungsgesetz profitieren und der Bau Ihrer Immobilie staatlich gefördert wird/wurde, müssen Sie bei der Berechnung die Wohnflächenverordung (WoFlV) verwenden. Folgende Methoden werden bei der Berechnung in der Praxis verwendet:
Handelt es sich bei der Immobilie um eine Mietwohnung, dann sollte die anzuwendende Berechnungsmethode unbedingt in den Mietvertrag aufgenommen werden. Für einen Mieter ist es in den meisten Fällen vorteilhafter, wenn die Wohnflächenverordnung angewandt wird, da somit Flächen wie Balkone, Terrassen oder Dachschrägen nur teilweise in die Berechnung einfließen dürfen. Für Vermieter wiederum ist es günstiger, wenn die Wohnflächenermittlung nach DIN 277 erfolgt, da Balkone oder Flächen unter Dachschrägen voll in die Berechnung aufgenommen werden können. Dies führt zu einem höheren Flächenergebnis, was dem Vermieter letztlich eine höhere Miete bringt. Wird die Wohnflächenberechnung im Mietvertrag nicht geregelt und es kommt zu einem Streitfall, dann legen Gerichte normalerweise immer die Wohnflächenverordnung zugrunde.
Nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) werden alle Flächen als Wohnfläche bezeichnet, die auch entsprechend bewohnbar sind. Eine Nutzfläche ist darin nicht genannt. Diese wird in der Wohnflächenberechnung nach DIN 277 definiert. Demnach gilt als Nutzfläche sowohl die Wohnfläche als auch andersweitig nutzbare Flächen (Verkehrs- und Nutzflächen). Unter Verkehrsflächen versteht man z. B. ein Treppenhaus oder auch einen Aufzug. Als Nutzfläche werden sowohl Wohnräume als auch Räume mit folgender Zweckbestimmung bezeichnet:
Heizungsräume oder andere Funktionsräume dürfen nicht in die Wohnflächenberechnung aufgenommen werden.
Nachfolgend haben wir Ihnen einen Vergleich der verschiedenen Berechnungsmethoden zusammengestellt:
II. BV | DIN 277 | WoFlV | |
Arbeitszimmer außerhalb der Wohnung | Kein Wohnfläche | Nutzfläche | Keine Wohnfläche |
Bad | Wohnfläche | Nutzfläche | Wohnfläche |
Balkone, Loggien und Terrassen | max. zu 50 % Wohnfläche | Nutzfläche | 25 % bis max. 50 % Wohnfläche |
Dachboden | Keine Wohnfläche | Keine Wohnfläche | Keine Wohnfläche |
Esszimmer | Wohnfläche | Nutzfläche | Wohnfläche |
Flur | Wohnfläche | Verkehrsfläche | Wohnfläche |
Hauswirtschaftsraum bzw. Abstellraum innerhalb der Wohnung | Keine Wohnfläche | Nutzfläche, ggf. Funktionsfläche | Wohnfläche |
Keller | Keine Wohnfläche | Nutzfläche, ggf. Funktionsfläche | Keine Wohnfläche |
Kinderzimmer | Wohnfläche | Nutzfläche | Wohnfläche |
Treppe | Bis zu 3 Stufen gelten als Wohnfläche. Mehr Stufen müssen von der Fläche abgezogen werden | Verkehrsfläche | Bis zu 3 Stufen gelten als Wohnfläche. Mehr Stufen müssen von der Fläche abgezogen werden |
Vorratsraum außerhalb der Wohnung | Keine Wohnfläche | Nutzfläche | Keine Wohnfläche |
Wohnzimmer | Wohnfläche | Nutzfläche | Wohnfläche |
Beispiel
Eine Wohnung besitzt einen Balkon mit 6 Quadratmetern.
In der Wohnflächenverordnung aus dem Jahre 2004 wird genau beschrieben, welche Räume und Flächen bei der Wohnflächenberechnung einfließen. Diese besagt, dass alle Räume berücksichtigt werden müssen, die zu einer Wohnung gehören. Also:
Für alle anderen Räume und Flächen gibt es in der Wohnflächenverordnung entsprechende Sonderregelungen:
Wintergarten und Schwimmbäder | Sind diese zu allen Seiten geschlossen, dann gelten 50 % der Fläche als Wohnfläche. Sind diese auch noch beheizt, dann gelten 100 % der Fläche als Wohnfläche. |
Balkone, Loggien, Dachgärten und Terrassen | In der Regel gelten 25 % der Fläche als Wohnfläche. Sind diese sehr hochwertig ausgestattet, dann gelten je nach Einzelfall 50 % der Fläche als Wohnfläche. |
Keller und Garage | Gelten nicht als Wohnfläche, da diese außerhalb der Wohnung liegen. |
Geschäftsräume | In der Regel gelten diese nicht als Wohnfläche. Ausnahme: Verwendet der Mieter einen Raum seiner Wohnung als Arbeitszimmer, dann muss die Fläche 100 % als Wohnfläche einbezogen werden. |
Öfen, Badewannen, Heiz- und Klimageräte, freiliegende Installationen (Wasserboiler, etc.), versetzbare Raumteiler sowie Einbaumöbel | Zählen zu 100 % als Wohnfläche und müssen nicht von der Gesamtfläche abgezogen werden. |
Nischen | Reichen Nischen nicht bis zum Boden oder sind weniger als 13 Zentimeter tief, dann werden diese nicht als Wohnfläche angesehen und müssen abgezogen werden. |
Schornsteine, Vormauerungen, Bekleidungen, freistehende Pfeiler und Säulen (sofern höher als 1,5 m und mindestens 0,1 m² haben) | Gelten nicht als Wohnfläche und müssen von der Gesamtfläche angezogen werden. |
Treppen | Besitzt die Treppe mehr als 3 Stufen, dann gilt diese nicht als Wohnfläche und muss abgezogen werden. Besitzt die Treppe weniger als 3 Stufen, dann gilt diese zu 100 % als Wohnfläche |
Verkleidungen und Leisten | Werden zu 100 % als Wohnfläche angesehen. Das bedeutet, dass die Messung oberhalb bzw. neben den Verkleidungen und Leisten angesetzt werden muss. |
Handelt es sich bei der Wohnung um eine Dachgeschosswohnung, dann ergibt sich noch eine Besonderheit. Aufgrund der vorhandenen Dachschrägen steht dem Mieter weniger Fläche zur Verfügung. Um dies bei der Flächenberechnung zu berücksichtigen, gibt die Wohnflächenverordnung vor, dass
Erfolgt die Berechnung nach DIN 277, dann wird nicht die Wohnfläche sondern die Nutz- und Verkehrsfläche ermittelt. In den meisten Fällen bekommt man dabei eine größere Grundfläche als mit der Berechnung nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV). Die Berechnung nach DIN 277 erfolgt wie folgt:
Auch hier sind ein paar Besonderheiten zu beachten:
Wie die Berechnung der Wohnfläche nach den gängisten Berechnungsmethoden funktioniert, haben wir nun behandelt. In der Praxis gibt es jedoch einige Dinge, wie verwinkelte Räume, Schrammleisten oder Badewannen, die Sie bei der notwendigen Ausmessung schnell zur Verzweiflung und an Ihre Grenzen bringen können. Mit den nachfolgenden Tipps möchten wir Ihnen helfen auch diese Besonderheiten zu meistern:
Wenn Sie vorhaben Ihre Immobilie neu zu bauen, dann ist es wichtig die genaue Fläche Ihres zukünftigen Zuhauses zu kennen. Diese wird beispielsweise von der Bank bei der Kreditvergabe oder auch von Versicherungsunternehmen benötigt, über die Sie Ihr Immobilie absichern.
Aber auch beim Kauf einer Bestandsimmobilie kann es vorteilhaft sein, die im Kaufvertrag angegebene Wohnfläche nachzumessen. Stellt sich heraus, dass die tatsächlich gemessene Wohnfläche kleiner ist als im Kaufvertrag angegeben, dann können Sie sich als Käufer der Immobilie einen Teil des Kaufpreises vom Verkäufer zurückholen. Wie hoch die Differenz zwischen der im Kaufvertrag angegebenen und der tatsächlichen Wohnfläche ausfällt, ist dabei nicht wichtig (OLG Saarbrücken, Az.: 8 U 450/10).
Sofern es sich nicht um einen öffentlich geförderten Wohnungsbau handelt, steht es dem Vermieter frei welche Methode er zur Berechnung der Wohnfläche verwendet. Nur beim öffentlich geförderten Wohnungsbau muss der Vermieter seit dem 01.01.2004 die Berechnung nach der Wohnflächenverordnung durchführen. Meistens wird diese Berechnungsart ohnehin angewandt, da diese von Gerichten bei Streitigkeiten als Grundlage verwendet wird.
Nein, es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Angabe der Wohnfläche im Mietvertrag.
Nein. Der Bundesgerichtshof hat im Urteil zum Aktenzeichen VIII ZR 144/09 vorgegeben, dass der relativierende Zusatz "ca." wirkungslos ist und keine Toleranz bei der Angabe der Quadratmeterzahl erlaubt ist.
Nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) dürfen nur Räume in die Berechnung der Wohnfläche einfließen, die sich innerhalb der Wohnung befinden und ausschließlich zu dieser gehören. Hierunter zählen z.B. Toilette, Flur, Bad oder auch eine Speisekammer. Räume wie Keller, Garten oder Waschküche dürfen nicht in die Berechnung aufgenommen werden. Raumteile wie Schrägen, die weniger als 2 m aber mehr als 1m Deckenhöhe besitzen, müssen ebenfalls aufgenommen werden, allerdings nur zu 50 %.
Der größte Unterschied zwischen beiden Berechnungsmethoden liegt in der Vorgehensweise. Während bei der WoFlV nach und nach alle Raumflächen erfasst (Fläche zwischen den nackten Wänden zzgl. Wandnischen und abzgl. Schornsteine, etc.) und anschließend addiert werden, wird bei der Berechnung nach DIN 277 der Gesamtwert der Grundfläche verwendet und dann die Einzelwerte davon abgezogen.
Ein weiterer großer Unterschied besteht bei der Behandlung von Dachschrägen, Balkonen, Terrassen und Kellerräumen. Nach DIN 277 fließen solche Flächen zu 100 % in die Berechnung ein und nach der Wohnflächenverordnung müssen dafür Abstriche gemacht werden. Eine Übersicht finden Sie im Absatz "Wie kann ich die Wohnfläche nach der Wohnflächenverordnung berechnen?".
Gemäß dem Bundesgerichtshof darf die Miete gemindert werden, wenn die Wohnung mehr als 10 % kleiner ist als im Mietvertrag angegeben wurde (BGH, Az.: VIII ZR 295/03 sowie VIII ZR 133/03). Allerdings sind Sie als Mieter verpflichtet einen Beweis dafür vorzulegen, weswegen wir Ihnen empfehlen nicht überstürzt zu handeln und im ersten Schritt einen Fachanwalt für Mietrecht oder den Mieterverein zu kontaktieren. Diese beraten Sie gerne hinsichtlich der richtigen Vorgehensweise.
Ja, es gilt eine 3-jährige Verjährungsfrist. Diese beginnt am Ende des Jahres an dem Sie als Mieter Kenntniss über die tatsächliche Wohnungsgröße erlangt haben. Ab diesem Zeitpunkt steht es Ihnen frei die Miete entsprechend zu mindern. Eine Korrektur des Mietvertrags ist nicht erforderlich. Da Sie als Mieter in der Beweispflicht sind, empfehlen wir Ihnen, die Vermessung von einem Gutachter oder einem Architekten vornehmen zu lassen.
Nein. Sollte allerdings ohnehin eine Mieterhöhung anstehen, dann kann die abweichende Wohnfläche indirekt zu einer Mieterhöhung führen, da bei der Berechnung der neuen Miethöhe nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs die tatsächliche Wohnfläche als Grundlage verwendet werden muss.
Zur Berechnung der Versicherungsprämie bei der Wohngebäudeversicherung ist unter anderem auch die Quadratmeterzahl ausschlaggebend. Folgende Räume werden deshalb bei der Berechnung der Wohnfläche berücksichtigt:
Davon ausgenommen sind:
Am besten kontaktieren Sie den in Frage kommenden Versicherer und fragen ihn nach der gewünschten Methode zur Wohnflächenberechnung.