Der Immobilienmarkt in Deutschland boomt. Seit der Finanzkrise im Jahre 2008 sind die Zinsen bei der Kreditvergabe auf einem historisch niedrigen Niveau, was die Baufinanzierung ungemein attraktiv macht. Steigende Mieten und niedrige Zinsen sind wie Benzin, das ins lodernde Feuer gekippt wird und den Immobilienmarkt weiter anfacht.
Da ist es nur naheliegend, dass viele Menschen daran denken als Altervorsorge in ein Eigenheim zu investieren. Aber nicht nur zur Altersvorsorge. Vielen wird beim Blick auf den Kontostand schlecht, da die steigenden Mieten einen guten Teil des monatlichen Budgets aufbrauchen. Deswegen liegt der Gedanke nahe, das aufgewendete Geld für den Vermögensaufbau eher in ein Eigenheim zu stecken als es an den Vermieter zu zahlen.
Jedoch sollte der niedrige Zins nicht der einzige Beweggrund sein, sich für den Kauf oder Bau einer Immobilie zu entscheiden. Ab wann sich der Kauf/Bau mehr als das Mieten einer Immobilie lohnt, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Darunter fällt z.B. der Immoblienpreis. Aufgrund der hohen Nachfrage nach Immobilien steigen die Preise vielerorts dramatisch, was die Frage aufwirft, ob der Immobilienpreis noch im richtigen Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Immobilie steht.
Mit dem nachfolgenden Artikel möchten wir Ihnen die wichtigsten Entscheidungskriterien vorstellen und Ihnen bei Ihrer Entscheidung, ob Sie "kaufen oder mieten" sollen, weiterhelfen.
Inhaltsverzeichnis
Um die richtige Entscheidung für sich zu treffen, sollte man sich im Klaren darüber werden, welcher Typ man eigentlich ist. Sowohl das Mieten als auch das Kaufen eines Objekts hat letztlich Vor- und Nachteile. Welcher der richtige Weg für Sie ist, lässt sich pauschal nicht sagen, da dies von Ihrer aktuellen Lebenssituation abhängt und immer im Einzelfall betrachtet werden muss. Mit der nachfolgenden Übersicht sollen verschiedene Perspektiven betrachtet werden und Ihnen verschiedene Blickwinkel aufzeigen.
Als Mieter | Als Eigentümer | |
Finanzierung | Da Sie keinen Kredit für die Finanzierung einer Immobilie aufnehmen müssen, bleiben Sie schuldenfrei. | Da Ihnen für den Kauf einer Immobilie in der Regel nicht genug Eigenkapital für die Begleichung des kompletten Kaufpreises zur Verfügung steht, muss ein Kredit bei der Bank aufgenommen werden. D. h. Sie sind nicht mehr schuldenfrei. |
Vermögensaufbau | Da Sie keine eigene Immobilie besitzen, müssen Sie zum Aufbau von Vermögen auf andere Geldanlagen, wie Aktien, Fonds, Sparbuch, Anleihen, etc., zurückgreifen. | Durch den Besitz einer Immobilie tragen Sie bereits zum Aufbau von Vermögen bei. |
Reparaturen, etc. | Da Sie die gemietete Immobilie nicht selbst besitzen, müssen Sie für Reparaturen und Instandhaltung nicht selbst aufkommen. | Da Sie der Besitzer der Immobilie sind, müssen Sie auch selbst für Reparaturen und Instandhaltungen aufkommen und entsprechende Rücklagen bilden. |
Umzug | Wenn Ihnen die gemietete Immobilie nicht mehr gefällt oder sich Ihre Lebensituation ändert (Jobwechsel o. ä.), können Sie den Mietvertrag einfach kündigen und in eine andere Wohnung umziehen. | Mit dem Kauf einer Immobilie binden Sie sich langfristig an einen Ort und werden unflexibler. In der Regel dauert es länger eine Immobilie zu verkaufen als einen Mietvertrag zu kündigen. |
Mietpreise | Besonders in Ballungsgebieten steigen die Mieten regelmäßig an, weswegen Mieterhöhungen Ihr ständiger Begleiter ist. | Da Sie die Immobilie selbst besitzen und keine Miete zahlen müssen, müssen Sie sich über steigende Mietpreise keine Sorgen machen. |
Gestaltungsfreiheit | Als Mieter haben Sie in der Regel keinerlei Einfluss auf die technische Ausstattung und Gestaltung der Immobilie an sich. Dies obliegt dem Vermieter. | Als Eigentümer einer Immobilie haben Sie innerhalb des gesetzlichen Rahmens nahezu Gestaltungsfreiheit und können die Immobilie ausstatten und gestalten wie Sie wollen. |
Wie Sie sehen können, gibt es einige Aspekte, die entweder für den Kauf oder für das Mieten eine Immobilie sprechen. Wann es sich lohnt ein Eigenheim zu kaufen bzw. anzumieten, beschreiben wir im nachfolgenden Absatz.
Das wohl wichtigste Entscheidungskriterium beim Kauf einer Immobilie ist der Kaufpreis des Objekts. Liegt dieser zu hoch, dann können Sie sich die Finanzierung nicht leisten. Liegt er zu niedrig, dann liegt es nahe, dass mit der Immobilie irgendetwas nicht stimmt (Mängel, schlechte Lage, etc.). Der Kaufpreis sollte immer ins Verhältnis zum tatsächlichen Wert der Immobilie gesetzt werden, um zu erfahren, ob sich der Kauf des Objekts auch wirklich lohnt bzw. ob Sie aufgrund der gestiegenen Immobilienpreise am Ende viel zu viel bezahlen.
Um dies zu überprüfen, können Sie das sogenannte Kaufpreis-Miete-Verhältnis errechnen. Zur Berechnung des Kaufpreis-Miete-Verhältnis suchen Sie sich ein vergleichbares Mietobjekt aus den Immobilienanzeigen heraus und teilen den Kaufpreis durch die potentielle Jahreskaltmiete des Objekts. Achten Sie dabei darauf, dass sich die beiden Objekte in der Wohnfläche, der Ausstattung, dem Alter und der Lage ungefähr gleichen, um einen aussagekräftigen Wert zu erhalten. Wenn das Ergebnis der Rechnung bei ungefähr 20 liegt, dann haben Sie einen günstigen Kaufpreis erhalten. Liegt er bei 25 oder höher, dann weist das Objekt einen zu hohen Kaufpreis aus.
Beispiel
Eine Wohnung mit 140 m² wird für einen Kaufpreis in Höhe von 310.000 € auf dem Markt angeboten. In der Wohnanlage wird für die Miete ein Quadratmeterpreis von 9,50 € verlangt.
Kaufpreis der Wohnung | 310.000 € |
Jährliche Kaltmiete (140 m² x 9 €) | 15.120 € |
Kaufpreis-Miete-Verhältns (310.000 € / 15.120 €) | 20,5 |
Das Kaufpreis-Miete-Verhältnis liegt in unserem Rechenbeispiel bei 20.5. Dies ist ein eindeutiges Indiz dafür, dass der Kaufpreis günstig und nicht zu hoch angesetzt ist.
Bei der Frage, ob sich eher der Kauf einer Immobilie oder die Zahlung der monatlichen Miete lohnt, machen viele den Fehler die derzeitige Miete direkt mit der Kreditrate zu vergleichen. Ist die Miete annähernd gleich oder der finanzielle Aufwand für den Kredit sogar niedriger, dann wird dies als eindeutiges Indiz gewertet, dass sich der Kauf lohnt. Doch das ist nicht korrekt. Denn beim Immobilienkauf fallen zusätzlich zum Kaufpreis noch Kaufnebenkosten (wie z.B. Notarkosten, Grunderwerbssteuer, Grundbuchkosten etc.) an, die bei der Berechnung berücksichtigt werden müssen. Um dies genau vergleichen zu können, muss also die gesamte Kostensituation betrachtet werden.
Beispiel
Die monatliche Kaltmiete für Ihre Wohnung mit 120 m² beträgt 855 €. Die jährliche Miete für die Wohnung liegt folglich bei 10.260 €. Angenommen Sie haben nun ein Haus gefunden, welches ein Kaufpreis-Miete-Verhältnis von 20,0 besitzt. Der Kaufpreis des Hauses liegt folglich bei ca. 205.000 €.
Kaufpreis des Hauses | 205.000 € |
Eigenkapital (20 %) | 41.000 € |
Höhe des Kredits | 164.000 € |
Effektiver Jahreszins | 1,74 % |
Zinsbindung | 15 Jahre |
Anfängliche Tilgung | 4 % |
Monatsrate | 856,79 € |
Wie Sie im Beispiel sehen können, liegt die monatliche Kreditrate bei 856,79 € und somit fast gleich wie Ihre derzeitige monatliche Kaltmiete. Sofern keine weiteren Kosten hinzukämen, würde sich der Kauf des Hauses aktuell mehr lohnen als das Halten der Mietwohnung. In der Rechnung fehlen allerdings noch die Kaufnebenkosten (ca. 10 % - 15 % des Kaufpreises) sowie die laufenden Nebenkosten für Wasser, Abwasser, Müllabfuhr, Heizung, etc.
Wenn man noch die laufenden Nebenkosten in die Berechnung einbezieht, dann liegt ein anderes Ergebnis vor. Im Jahre 2017 lagen die Nebenkosten laut offiziellem Mietspiegel durchschnittlich bei 2,16 € pro m². Damit auch Strom und Telekommunikation abgedeckt sind, empfehlen wir aber mit einem Wert von 4 € pro m² zu rechnen. Zusätzlich sollte man als Eigentümer auch noch Rücklagen bilden und so spätere Reparaturen sowie Instandhaltungsmaßnahmen abzudecken. Hierfür veranschlagen wir in unserem Beispiel 1 € pro m². Daraus ergibt sich folgende Rechnung:
Kaufen | Mieten | |
Kreditrate bzw. Kaltmiete | 856,79 € | 855,00 € |
Nebenkosten | 480,00 € | 260,40 € |
Strom | bereits in den Nebenkosten enthalten | 100,00 € |
Telekommunikation | bereits in den Nebenkosten enthalten | 30,00 € |
Rücklagen | 120,00 € | nicht notwendig |
Gesamtkosten | 1.456,79 € | 1.245,40 € |
Unter Hinzunahme der Nebenkosten sieht die Rechnung schon anders aus. Wie Sie im Beispiel sehen können, wäre der monatliche Aufwand beim Hauskauf um ca. 200 € höher als wenn Sie weiterhin Ihre Miete zahlen würden. Sicherlich können die Nebenkosten abweichen und für Eigentümer günstiger ausfallen. Dennoch ist es immer empfehlenswert, wenn Sie alle möglichen Kosten in die Rechnung einfließen lassen und genau überlegen, ob Sie sich das Wohneigentum auch wirklich leisten können und wollen.
Wie schon am Anfang erwähnt, liegen die Zinsen bei der Baufinanzierung aktuell auf einem historisch niedrigen Niveau. Während Sie zu Beginn des Jahres 2010 für ein Darlehen in Höhe von 190.000 € und einer 5-jährigen Laufzeit noch mindestens 3,63 % Zinsen pro Jahr zahlen mussten, liegt der Zinssatz im Juli 2021 bei gleicher Laufzeit und 2 %-iger Tilgung nur noch bei effektiven 0,61 %. Durch den historisch niedrigen Zins drängen viele Interessenten auf den Immobilienmarkt und die Immobilienpreise explodieren regelrecht. Laut dem vdp-Immobilienpreisindex sind die Immobilienpreise zwischen 2010 und 2021 um ca. 70 % gestiegen. Ob der niedrige Zinssatz die gestiegenen Preise tatsächlich auffängt, lässt sich am nachfolgenden Beispiel erkennen:
2010 | 2021 | |
Kaufpreis | 180.000 € | 306.000 € |
Eigenkapital (25 %) | 45.000 € | 76.500 € |
Rückzahlungsrate | 684,00 € | 684,00 € |
Gebundener Sollzins | 4,08 % p.a. | 0,98 % p.a. |
Zinsbindung | 15 Jahre | 15 Jahre |
Anfängliche Tilgung | 2 % | 3 % |
Zinskosten | 67.386 € | 23.800 € |
Restschuld nach 15 Jahren | 79.266 € | 130.454 € |
Wie Sie sehen können, müssen Sie im Jahre 2021 für die Zinsen 43.583 € weniger aufbringen aber dafür ist die Restschuld aber aufgrund des höheren Kaufpreises um 51.188 € höher als im Jahre 2010. Um eine gleich hohe Rückzahlungsrate zu erhalten, wurde das Zinsersparnis zusätzlich in die Tilgung investiert. Die niedrigen Zinsen können also den größten Teil der höheren Immobilienpreise abfangen. Dennoch müssen Sie einplanen, dass die Restschuld höher ausfallen wird und Sie eine Anschlussfinanzierung benötigen werden.
Durch den Boom auf dem Immobilienmarkt steigen nicht nur die Preise für Immobilien, sondern auch die Mieten, die Mieter für das Wohnen in einer Immobilie aufbringen müssen. Besonders in Metropolregionen und Großstädten sind die Mieten zuletzt stark angestiegen. Dies könnte für einige Mieter zu einem echten Problem werden, da die Miete immer mehr vom monatlichen Budget auffrisst. So ist in Deutschland der Preisindex für Mieten zwischen den Jahren 2010 und 2021 durchschnittlich um 13,2 Prozentpunkte gestiegen. Besonders beliebte Regionen wie München, Stuttgart oder Frankfurt verzeichnen sogar überdurchschnittliche Preisanstiege wie die nachfolgende Tabelle zeigt.
Region | Mietanstieg |
München | + 50,6 % |
Stuttgart | + 46,86 % |
Hamburg | + 17,56 % |
Frankfurt am Main | + 34,02 % |
Es ist also klar festzuhalten, dass der Faktor Miete einen großen Einfluss auf die Frage hat, ob man lieber kaufen oder mieten möchte. Auch wenn sich das Mieten einer Immobilie derzeit vielleicht mehr für Sie lohnt, so kann sich das über die Jahre ändern, da das Ersparnis durch die steigende Miete förmlich aufgefressen und der Kauf einer Immobilie attraktiver werden kann. In diesem Zusammenhang sollte aber auch unbedingt die Anschlussfinanzierung beachtet werden. Solange die Zinsbindung gilt, bleiben die Zinsen auf dem gleichen Niveau. Läuft die Zinsbindung ab, dann sind Sie auf eine Anschlussfinanzierung angewiesen, worüber die Restschuld getilgt wird. Diese erfolgt in der Regel zu dem dann geltenden Zinssatz. Erhöht sich das Zinsniveau, dann müssen Sie auch mit höheren Kosten bei der Anschlussfinanzierung rechnen.
Neben dem Kaufpreis und der monatlichen Miete gibt es noch weitere, teils sogar wichtigere Faktoren, die Sie bei Ihrer Entscheidung, ob Sie lieber kaufen oder mieten, berücksichtigen sollten:
Des Weiteren sollten Sie sich im Klaren darüber werden, welcher der bessere Weg für Sie sein könnte: Mieten oder Kaufen. Sind Sie lieber flexibel und möchten keine Schulden haben? Teilen Sie Ihre finanziellen Mittel lieber auf verschiedene Kapitalanlagen auf? Dann ist der Immobilienkauf eher nichts für Sie. Wenn Sie stattdessen unabhängig vom Vermieter sein wollen, Ihr Kapital in eine langfristige Geldanlage investieren und die langfristige Belastung einer Immobilie tragen möchten, dann ist der Kauf einer Immobilie der richtige Weg für Sie.